Minileseprobe aus "Wer zum Teufel ist Butterblume?"

Minileseprobe

 

Genre: Fantasy, Mystery, Liebesroman

 

Als wir endlich an Bord des Bootes stiegen, das uns von der Insel Faial nach Pico bringen sollte, hatte sich der Regen zwar gelegt, dafür stürmte es jetzt, dass sich die Bäume bogen und die See gepeitscht wurde. Die kleine Brücke zum Boot wankte bedenklich, und ich sah mich schon in den Fluten liegen. Doch wir und noch gefühlte tausend andere schafften es durch eine helfende Hand des Bordpersonals unbeschadet an Bord. Alexa wurde gleich von zwei der Jungs der Fähre sicher über die Brücke geleitet. Dass die keine Sabberspur hinterließen, grenzte schon an ein Wunder.

Unser Gepäck landete unsanft mit unzähligen anderen Reisetaschen im Boot und bildete bald einen ansehnlichen Haufen. Wer hier zuerst an Bord gelangte, ging offenbar als letztes.

»Hierher!«, rief Wenke mir zu. »Hier sind noch Plätze frei!« Ich wollte


mich gerade zu ihr und Alexa durch die Menschenmassen kämpfen, da sah ich ihn.

Er stand an der obersten Stufe zum Deck und blickte mich an. Dunkelhaarig, ein freches Lächeln auf den Lippen und merkwürdig unscharf in den Konturen, so als ob er im Nebel stehen würde. Ein Schauer überlief mich. Mein Magen fühlte sich auf einmal ganz flau an.

Ich handelte, ohne nachzudenken. Automatisch bewegte ich mich auf ihn zu, benutzte die Ellenbogen, um durch die Menschenmassen zu gelangen. Und dann war er fort. Einfach so, in Luft aufgelöst …

Adrenalin flutete mich, mein Herz raste, mein Atem ging schneller.

Wer war das? Was ging hier vor sich?

Genau wie im Flugzeug erfasste mich das Gefühl von Unwirklichkeit und mir wurde auf einmal schwindlig, so als würde der Boden unter mir wegsacken.

Moment mal! Genau das tat der Boden! Ich hatte gerade noch Zeit zu erfassen, dass wir abgelegt hatten und das Boot ganz eindeutig ein Spielball der aufgewühlten See geworden war, da wurde ich auch schon von der Menschenmenge gegen einen Pfeiler gedrückt. Als das Boot sich kurz darauf in die entgegengesetzte Richtung neigte, krallte ich mich verzweifelt am Pfosten fest, während die Menge an mir vorbeigeschwemmt wurde.

»Hierher! Meli, hierher!«, zwitscherte Alexas Stimme. Ich horchte auf, lokalisierte die Quelle und bahnte mir bei der nächsten Welle in die richtige Richtung einen Weg zu den maßlos überfüllten Sitzplätzen. Hatten die hier keine Sicherheitsvorschriften?

Als ich endlich kopfüber in den Sitz neben Alexa stolperte, erfasste ich Wenkes gequälten Blick. Sie war graugrün im Gesicht und hielt sich eine Hand vor den Mund. Alexa dagegen wirkte taufrisch wie immer. Ich sortierte meine Gliedmaßen und fühlte mich in meinem Sitz einigermaßen sicher. Bis die nächste Welle kam, das Boot sich seltsam schief legte und Wenke sich geräuschvoll in eine Tüte übergab. Und sie war nicht die einzige. Zwei Matrosen – oder wie man das auch nannte – verteilten identische Tüten in alle Himmelsrichtungen. Zumindest waren sie gut vorbereitet. Mich beruhigte die Tatsache, dass solch ein Seegang wohl normal war und die Gefahr zu kentern, hier offenbar niemandem Sorgen bereitete. Mein Magen beruhigte sich allerdings nicht. Die erneute Begegnung mit diesem Mann hatte mich ganz schön aus der Bahn geworfen. Noch dazu stieg mir der Geruch von Erbrochenem in die Nase. Das Boot hob und senkte sich in alle erdenklichen Richtungen, und es gab nirgends ein Fenster, durch das mein Gleichgewichtssinn sich am Horizont hätte orientieren können. Ich würgte.

»Hier.« Mit stoischer Ruhe hielt Alexa mir eine der Tüten vor die Nase. Wortlos nahm ich sie und übergab mich bei der nächsten Welle mit Wenke in Stereo. Das schöne Essen!

Nachdem wir nur noch Galle würgten, musterte Alexa uns kritisch.

»Alles raus? Gut, dann lutscht die Ingwerbonbons, die helfen gegen Übelkeit.« Kurze Pause. »Wirklich!«, fügte sie hinzu, als wir sie ungläubig anstarrten. Wir sollten jetzt etwas essen? Allein der Gedanke ließ mich erneut würgen.

Alexa hielt uns die Bonbons hin. »Los macht schon, schlimmer kann es ja wohl kaum werden.«

Ich seufzte resigniert und griff zu. Erstaunlicherweise half der Ingwer tatsächlich. Zumindest mir. Wenke dagegen würgte weiter und sah mich finster an, als wäre ich ganz allein schuld an ihrer Misere. Die ganze Situation war einfach zu bizarr. Mir war das alles zu viel. Doch anstatt zu schreien, brach ich in ein hysterisches Kichern aus.

»Lass das«, zischte Wenke. »Das ist nicht lustig!«

»Doch ist es«, kicherte ich weiter. Das hier sollte Urlaub sein, zum Henker! Stattdessen hatte ich Halluzinationen und wurde von meiner besten Freundin angepflaumt, die vollkommen ausgelaugt Galle in eine Tüte würgte.

»Ist es nicht!«, kreischte Wenke, doch es zuckte um ihre Mundwinkel. Alexa grinste.

Gleich hatte ich Wenke so weit. »Doch! Urlaub? Bisher war es die reinste Katastrophe! Es kann nur besser werden!«

Wenke kicherte und würgte kurz darauf. Ihr standen Tränen vor Anstrengung in den Augen. »Oder es wird noch schlimmer«, gluckste sie.

Das Boot kippte mit einem Ruck zur Seite. Ein Raunen ging durch die Menge, weitere Würgegeräusche überall um uns herum.

»Hui, sagte die Schnecke, die auf der Schildkröte ritt«, zwitscherte Alexa munter.

Wir starrten sie beide fassungslos an. Dann brachen wir alle drei in schallendes Gelächter aus.

 

Inhalt

Eigentlich wollten Meli und ihre Freundin Wenke nur einmal Wale und Delfine aus nächster Nähe sehen. Doch bereits auf dem Flug zu den Azoren sieht Meli etwas ganz anderes. Ein Mann sitzt plötzlich neben ihr – schwarze Haare, freche grüne Augen. Und dann ist er weg, wie von Geisterhand verschwunden. Und das ist erst der Anfang einer Reihe sehr mysteriöser Ereignisse, die Meli auf Pico erwarten – Stimmen aus der Lavagrotte, Geister in der Nacht. Und dann ist da noch Gary, ein Mann, der ihr gleich zweifach unter die Haut geht …

Bei der Reihe „Magisches Geflüster“ handelt es sich um in sich abgeschlossene und voneinander unabhängige Romane oder Kurzgeschichten. „Magisches Geflüster“ steht für Geschichten aus dem Leben gegriffen, gewürzt mit einer oder mehreren magisch-mystischen Fantasy-Begebenheiten.


Kommentar schreiben

Kommentare: 0