Minileseprobe aus "Das Vermächtnis der Lil`Lu: Emilie - Traumbegegnungen"

Minileseprobe aus dem Fantasy-Roman

 

Mitten im Flur blieb Lovisa plötzlich stocksteif stehen und starrte mit halboffenem Mund ins Leere. Sie stand einfach nur da, wie vom Donner gerührt, als würde sie etwas sehen, dass uns anderen entging. Ihre Augen weiteten sich unnatürlich. Das blanke Entsetzen spiegelte sich darin wieder.

Ich ging vorsichtig zu ihr, berührte sie am Arm. »Isa? Alles in Ordnung?«, fragte ich behutsam.

Ohne Vorwarnung fing sie an zu schreien. Ich zuckte zurück und Amanda stieß einen Fluch aus.

»Isa! Hör auf!«, brüllte sie dann gegen Lovisas Geschrei an.

»Wir müssen sie wachrütteln!«, rief ich. Ich weiß nicht, woher ich es wusste, doch Lovisa war gerade nicht bei uns. Sie nahm die Umgebung nicht wahr, mit keiner Zelle ihres Körpers. Sie war wie weggetreten, als ob ihr Geist in einer anderen Zeit weilte.

Uralte Macht …, flüsterte etwas in meinem Inneren.

Ich schob es energisch beiseite und trat erneut auf Lovisa zu. Sie hatte


aufgehört zu schreien, zitterte nun aber am ganzen Körper.

»Isa, beruhige dich«, sagte ich leise und berührte sie ein zweites Mal. »Isa, kannst du mich hören?« Ich war sicher, sie konnte es nicht, aber irgendwie mussten wir eine Verbindung herstellen.

Amanda stand da und starrte ihre beste Freundin entsetzt an. Ihre Augen weiteten sich ähnlich denen von Lovisa.

»Oh, mein Gott! Was ist das? Was passiert hier?« Sie zeigte panisch auf uns. Ich verstand nicht, was sie meinte, betrachtete Lovisa stirnrunzelnd und hielt dann ungläubig inne. Es sah aus, als würde die Luft um uns herum flimmern. Bevor ich darüber nachdenken konnte, wie das möglich war oder welcher Täuschung ich da erlag, stürzte sich Amanda vorwärts und begann, Lovisa zu schütteln. Dabei stieß sie mich unsanft zur Seite.

»Wach auf!«, brüllte sie. Mit Amandas erzwungener Ruhe war es vorbei. Das war ihr alles zu viel.

»Hör auf damit! Du bist ja irre! Hör endlich auf!« Sie rüttelte an Lovisas Arm, ein heller Blitz zuckte von Lovisa zu Amanda und im nächsten Moment flog Amanda quer durch den Flur, knallte gegen die Tür und stöhnte benommen.

»Amanda!«, schrie ich entsetzt und wollte ihr zu Hilfe eilen. Doch da keuchte Lovisa auf, blinzelte und sah mich direkt an. Ich spürte ihre Verwirrung, fühlte wie aufgewühlt und fern der Realität sie war. Ich nahm Amandas Entsetzen wahr – pure Angst vermischt mit unbändiger Wut. Ich schlug die Hände vor den Mund, um nicht laut loszuschreien. Dann fühlte ich, wie mir Tränen die Wangen hinabliefen. Die überquellenden Emotionen im Raum übermannten mich einfach.

»Ich … äh …«, begann Lovisa. Sie blinzelte, als wollte sie das Echo des gerade Erlebten loswerden. Sie starrte von mir zu Amanda.

»Lovisa?«, fragte ich vorsichtig hinter vorgehaltenen Händen. Ich wollte sie nicht drängen. Was auch immer ihren Anfall ausgelöst hatte, ich wollte es auf keinen Fall erneut forcieren.

Sie schüttelte sich leicht. »Es geht mir gut, alles in Ordnung«, sagte sie dann leise.

»Gut?!« Amanda explodierte förmlich. Ich verfluchte ihre unbeherrschte Art. Verstand sie denn nicht, dass sowas wenig hilfreich war? Ehe ich eingreifen konnte, polterte sie weiter.

»Gut?! Du hast geschrien wie am Spieß! Wir haben versucht, dich wachzurütteln, aber du warst völlig weggetreten. Und dann … Und dann …« Amanda kam ins Stottern.

Ja, was war denn eigentlich passiert? Dieses seltsame Flimmern …

»Und dann hast du … geflimmert! Du hast mir einen elektrischen Schlag verpasst, dass ich bis zur Tür geflogen bin!« Sie hämmerte mit voller Wucht gegen besagte Tür, als ob diese ihre Anschuldigungen untermauern könnte.

»Ich … äh …« Lovisa schaute ratlos von Amanda zu mir.

Ich wusste nicht recht, was ich erwidern sollte. Hatte sie wirklich geflimmert? Wo war der Stromschlag hergekommen? Hatte es im Flur einen Kurzschluss gegeben? Fieberhaft suchte mein Gehirn nach dem logischen Zusammenhang, den es einfach geben musste. Alles war logisch erklärbar. Für alles gab es eine wissenschaftliche Erklärung. Das war die Wahrheit, die mich zusammenhielt, die mich erdete und mich meine eigenen Dämonen im Schach halten ließ.

»Geht es dir gut?«, fragte Lovisa dann an Amanda gewandt.

Obwohl ich noch nicht verstand, was hier abging, verstand ich sehr wohl, dass Lovisa damit den elektrischen Schlag meinte. Doch Amanda platzte regelrecht vor Wut.

»Ob es mir gut geht? Mir? Was ist mit dir? Was um Himmels willen ist da gerade passiert!?!«

»Ich hatte eine Vision, okay?«, brüllte Lovisa plötzlich zurück. Offenbar wuchs ihr die Situation auch über den Kopf. Verständlich, immerhin hatte sie gerade einen Anfall hinter sich.

»Ja, eine Vision!«, brüllte sie weiter. »Genauso hast du meine Tagträume doch genannt? Du hattest recht. Es sind Visionen. Und sie kommen immer öfter. Und weißt du was, Amanda? Sie sind wahr! Alle meine Visionen sind wahr. Und das Verrückteste?! Manche erzählen sogar von der Zukunft!«

»Du bist ja verrückt!«, schrie Amanda zurück.

Lovisa brüllte eine Antwort, die ich kaum wahrnahm. Was geschah hier? Ich musste es stoppen! Die beiden rasteten gerade völlig aus. Das konnte sonst wo enden …

Ohne nachzudenken, trat ich zwischen meine Freundinnen. Eine unbändige Kraft durchströmte mich, als ich meine Hand auf Lovisas Brust legte.

Die Urkraft … Fühle sie …

Ich knirschte mit den Zähnen. Verfluchte Stimme!

Mit der Energie, die in mir pulsierte, brüllte ich: »Jetzt reicht es mir aber! Was fällt euch eigentlich ein! Ihr seid beste Freundinnen? Behandelt man so beste Freundinnen?« Dann erschrak ich von der Kraft in meiner Stimme. So laut. Ich brüllte nie. Das war nicht meine Art. Aber offenbar hatte mein Ausbruch Wirkung. Die beiden verstummten, der Ärger fiel wie durch Zauberhand von ihnen ab.

»Was ist hier eigentlich los?«, flüsterte Amanda.

Inhalt

Die 17-Jährige Emilie wird seit ihrem fünften Lebensjahr Nacht für Nacht von immer gleichen Alpträumen heimgesucht. Ein blitzendes Messer, eine blasse Kinderhand und Blut, so viel Blut …
Als ihre Freundin Lovisa entführt wird, ändert sich ihr Alptraum zum ersten Mal und die Ereignisse überschlagen sich. Vollkommen verwirrt taucht Lovisa wieder auf und erzählt eine unglaubliche Geschichte von Dimensionsagenten aus parallelen Welten, von explodierenden Universen, die gerettet werden können, und davon, dass sie selbst in ein benachbartes Universum wechseln muss, um dies zu vollbringen.
Emilie, die zunehmend selbst von mysteriösen Ereignissen eingeholt wird, will ihrer offenbar geistig verwirrten Freundin helfen. Doch dann geschieht etwas, das Emilies Weltbild gehörig auf den Kopf stellt …

– Eine uralte Prophezeiung, ein Buch, das nur von der Erwählten zu öffnen ist und das Schicksal einer ganzen Rasse in den Händen vierer Frauen. –

 

Dieser 3. Band der „Das Vermächtnis der Lil`Lu“-Reihe kann auch unabhängig von den anderen Büchern gelesen werden, da die Geschichten der einzelnen vier Frauen dieser Reihe (Lovisa, Emilie, Danniella, Kristin) in sich abgeschlossen sind.

 


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