Minileseprobe: Emilie - Traumbegegnungen

Minileseprobe aus dem Fantasy-Roman "Emilie - Traumbegegnungen" (Das Vermächtnis der Lil`Lu 3)

 

Montag, Schule. Nach einer weiteren Nacht, in der ich durch Albträume geweckt worden war, schleppte ich mich zur Schule. Den Tag am Wochenende zur Nacht zu machen, war mir klug erschienen, doch nun würde ich den Preis dafür zahlen, das merkte ich bereits vor der ersten Stunde eindeutig. Also betete ich, dass die Stunden sich nicht endlos ziehen würden, und sehnte den Schulschluss herbei, bevor der Unterricht überhaupt begonnen hatte.

Als ich mich auf meinen Platz fallen ließ, fiel mir Amandas gerunzelte Stirn auf. Vor allem aber machte es mich stutzig, dass sie Filips Hand wegschubste, um sich auf ihr Handy zu konzentrieren.

»Wieso geht sie nicht ran?«, beschwerte sich Amanda dann. »Ich hab ihr gestern schon eine SMS geschickt!«

»Krank?«, schlug Filip vor.


»Hm«, machte Amanda nur ärgerlich, als wäre es verboten, krank zu sein und deshalb unerreichbar.

Ich vermutete, es ging um Lovisa, denn ihr Platz war leer. Und über wessen Abwesenheit sollte Amanda sich sonst aufregen? Filip klebte ja an ihr wie eh und je. Der Rest der Clique war ebenfalls anwesend – zumindest körperlich. Ich seufzte, schloss die Augen und ruhte meinen Kopf wie immer auf meinen Armen aus.

Ich überstand die erste Stunde nur mit Mühe. Simon neben mir wirkte bedrückt und warf immer wieder traurige Blicke zu Lovisas leerem Platz. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit. Ich wusste nicht wieso, es gab überhaupt keinen Grund dafür. Ich wusste nicht einmal, auf was das ungute Gefühl gemünzt war. Doch das sollte ich bald herausfinden …

 

»Ich erreiche sie einfach nicht«, klagte Amanda in der kurzen Pause vor der Englischstunde.

»Hast du es schon bei ihrer Mutter probiert?«, fragte Simon.

Anstatt zu antworten, meinte Amanda: »Ich habe Isa seit Freitagabend nicht mehr gesprochen.«

»Sie war gestern kurz bei mir«, eröffnete Simon.

»Ach so?« Amanda runzelte erneut die Stirn. Ich sah förmlich, dass es dort arbeitete. Vermutlich Worte wie »Sie meldet sich bei ihm, aber nicht bei mir?«.

»Und was wollte sie?«, fragte Amanda auch prompt.

Simon zuckte die Schultern. Sein Mund machte eine seltsame Kaubewegung, dann sagte er: »Abhängen, wie immer.«

Ich wusste nicht warum, aber ich glaubte ihm kein Wort. Irgendetwas war vorgefallen, das spürte ich genau. Er machte sich Sorgen.

»War sie krank?«, fragte ich.

Er schüttelte den Kopf. Ein Zögern lag in seinen Haselnussaugen.

»Hast du es schon bei ihren Eltern auf dem Festnetz probiert?«, fragte er Amanda. Seine unterdrückte Sorge verstand wohl nur ich.

»Nee, ich wollte sie nicht stören«, meinte Amanda. »Die sind sicher sowieso arbeiten.«

Ohne ein Wort zückte Simon sein Handy und wählte.

»Was machst du da?«, fragte Amanda ungehalten.

Wenn sie nicht anrief, durften es andere auch nicht? Ich schüttelte innerlich den Kopf über ihre merkwürdigen Ideen. Simon antwortete ihr nicht, sondern lauschte den Signalen.

»Hmpf«, machte er nach einer Weile. Er wählte eine neue Nummer.

»Hast du etwa deren Handynummern?«, fragte Amanda ungläubig.

Wieder keine Antwort von Simon. Nur ein Arbeiten seiner Kaumuskeln, die zeigten, dass er nicht gestört werden wollte.

»Hallo Jon, ich bin es, Simon«, sagte er schließlich ins Telefon. »Ist Isa krank?«

Amanda verdrehte die Augen. »Ob er auch die Nummern von unseren Eltern hat?«, murmelte sie.

Ich war mir sicher, dass er die von meinen ganz sicher nicht hatte. Aber Simon und Lovisa waren schon Freunde, seit sie krabbeln konnten. Sogar ihre Eltern waren befreundet, also wunderte es mich ehrlich gesagt nicht wirklich.

»Äh … Nein, Isa war nicht bei mir«, sagte Simon ins Telefon.

Warten.

»Ja schon, aber sie ist am Nachmittag schon wieder gefahren ...«

Mein ungutes Gefühl verstärkte sich zu einem dumpfen Nagen in der Magengegend. Da stimmte etwas nicht. Ganz sicher. Ich konnte es förmlich riechen.

»Nein, sie war nicht bei Amanda«, sagte Simon gerade mit äußerst beunruhigter Miene. »Ja ..., weil Amanda hier neben mir steht … Ja … Nein … Ja … Okay.«

Simon legte auf und sah in starrende Gesichter. Sogar Filip hatte aufgehört, an Amanda herumzufummeln.

»Was ist?«, erklang Amandas schrille Stimme. Ihr anfänglicher Missmut über Lovisas Unerreichbarkeit war in Sorge umgeschlagen.

»Sie ist weg«, sagte Simon düster. Dann kaute er sich auf der Lippe herum.

»Weg? Wieso weg?«, fragte Amanda barsch.

Ich war ganz steif vor Schreck. Irgendwie wusste ich, dass etwas passiert war. Nur was?

»Simon!«, drängte nun auch Josefin. »Was ist denn los?«

»Sie …« Er zögerte, kaute wieder auf der Lippe herum. »Isa ist nicht nach Hause gekommen … Ihre Eltern haben abends nur eine SMS erhalten, dass sie bei mir übernachtet … Und … Nun ja … Das hat sie nicht. Sie war bei mir, aber sie hat den Bus genommen. Schon gegen vier Uhr.«

Simon kaute weiter auf der Unterlippe herum und schaute etwas merkwürdig drein.

Da war doch was im Busch. Was wusste er?

»Weg?«, wiederholte Amanda ratlos. Dann schien sie plötzlich zu verstehen und wurde blass.

Josefin schlug sich die Hände vors Gesicht.

»Jon ruft wieder an«, sagte Simon leise. »Er wollte … rumtelefonieren.«

»Ja«, hauchte Amanda. »Sie ist bestimmt nur bei jemand anderem.«

Ich hörte ihr an, dass sie an ihren eigenen Worten zweifelte. Alle, bei denen sie tatsächlich sein könnte, waren hier versammelt. Und ich wusste es einfach. Lovisa war nicht einfach bei irgendeinem Bekannten. Es war etwas passiert. Ich hatte keine Ahnung, woher ich die Gewissheit nahm, aber es war so.

 

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